Gebet ist Begegnung mit Gott. – In der heutigen oft so hektischen Zeit können viele Menschen nicht mehr beten und leiden darunter. Andere haben den Sinn für Gott und das Gebet völlig verloren. Wieder andere Mitmenschen sagen, dass das Gebet ihnen nicht geholfen habe oder dass es ihnen auch ohne Gebet gut geht. Manche sind überlastet im Beruf, sodass sie abends ihre Ruhe haben wollen.
In dieser Situation ist es gut, ein lebendiges Beispiel vor Augen zu haben. Ein solches ist die heilige Therese von Lisieux, die auch bei der Arbeit und in der Freizeit eine liebende Beziehung zu Gott pflegte. Einmal sagte sie: „Es gibt wohl keine drei Minuten, in denen ich nicht an Gott dachte.“ Zur Erklärung fügte sie hinzu: „Es ist doch ganz natürlich, dass man an den denkt, den man liebt.“
Sie gibt uns auch praktische Ratschläge für ein gutes Gebet: Wenn uns das Beten schwerfällt oder wir es als Pflicht empfinden, können wir ein Liebesgespräch mit Gott daraus machen. Die Liebe ist die gleiche Wellenlänge, auf der wir Gott begegnen können. Zu einem guten Gebet gehört auch die Demut, die das Vertrauen ganz auf Gott setzt und alles von Ihm erwartet, wie geliebte Kinder alles von ihren Eltern erhoffen. Da Christus der gekreuzigte Herr ist, gehören auch Selbstüberwindung und Opfer zu einem wirksamen Gebet. Das könnte bedeuten: Am Morgen früher aufstehen, den Weg zur Kirche nicht scheuen, abends statt einer Quiz-Sendung den Rosenkranz beten oder ein geistliches Buch lesen. Auch für Zerstreuungen gibt uns Therese aus ihrer Erfahrung einen klugen Tipp: Gleich für jene beten, die meinen Geist beschäftigen. So gereichen unsere Zerstreuungen ihnen zum Segen.
Die heilige Therese kürzte auch ihr Gebet nicht ab, wenn sie keine schönen Gefühle dabei verspürte oder meinte, dass der Herr meilenweit von ihr entfernt sei. Dabei dachte sie an das Evangelium, als Jesus im Boot der Jünger geschlafen hat. Aus Liebe zu ihm ließ sie ihn schlafen und vernarrte in der Trockenheit des Betens. In solchen Fällen riet sie einer Mitschwester, langsam ein „Vater unser“ zu beten oder den Engel des Herrn.
Das beste Vorbild im Gebet ist Jesus Christus selbst. Er betete für Hungernde und Kranke, er pries Gott als den Herrn des Himmels und der Erde, er stand frühmorgens auf, um in der Einsamkeit zu beten oder bestieg einen Berg, um mit dem Vater allein zu sein. Am Ölberg rang er sich im Gebet durch, den Willen des Vaters anzunehmen und beendete sein Leben mit Gebeten am Kreuz. Noch mehr: Sein Gebet reichte hinein in die heiligste Dreifaltigkeit, wo ein ewiger Austausch zwischen Gott Vater, Gott Sohn und Gott, dem Heiligen Geist, stattfindet. Wenn wir Ebenbilder Gottes sind, sind auch wir zum Dialog mit Gott geschaffen. Das Gebet gehört zum Wesen des Menschseins und vollendet es. – Autor: Monsignore Anton Schmid, Leiter des Theresienwerkes und des Gebetsapostolates