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Die „Hausaufgaben“ des Heiligen Geistes
„Wenn es selbst Jünger gab, die es nach Jahren noch nicht begriffen hatten, dann sollten auch wir die Geduld nicht aufgeben und hoffen, dass der Heilige Geist seine Hausaufgaben macht und den Menschen Gott und Jesus offenbart.“ – Zitat des früheren CDU-Landtagsabgeordneten Rudolf Decker (Böblingen), der seit 30 Jahren am Nationalen Gebetsfrühstück in Washington teilnimmt. Bei seinem ersten Besuch dort in 1979 erfuhr er, dass die Amerikaner 20 Jahre lang dafür gebetet hätten, dass in Deutschland etwas ähnliches entsteht.
Das Gebet wurde erhört – der Heilige Geist wirkte diesbezüglich in deutschen Landen: Bereits in acht Landtagen gibt es Frühstückstreffen. Im Bundestag findet in den Sitzungswochen jeden Donnerstag ein Gebetsfrühstück statt, das regelmäßig 20 bis 30 Abgeordnete aus allen Fraktionen und mit unterschiedlichem geistlichen Hintergrund besuchen. Außerdem gibt es einmal im Jahr die Internationale Berliner Begegnung – eine dem Gebetsfrühstück in Washington vergleichbare, wenn auch deutlich kleinere Veranstaltung. Ziel ist es dort unter anderem auch, politische Gegner oder Vertreter verfeindeter Volksgruppen aus Afrika oder Südamerika an einen Tisch zu bringen.
Zurück nach Washington: Diesmal kamen mehr als 3000 Führungskräfte aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Religion. Nicht nur Christen – auch Juden, Moslems, Hindus und Atheisten. Man fragte nicht: „Bist du katholisch oder evangelisch? Bist du Moslem oder Hindu?“, sondern man fragte: Interessierst du dich für Jesus?“
Im Namen Jesu. Gemeinsam beten im Namen Jesu – was bei der bunten Zusammensetzung der Teilnehmer als nicht selbstverständlich erscheint – wird beim Nationalen Gebetsfrühstück in Washington einfach praktiziert. An jedem Tisch sitzen zehn Gäste mit ganz unterschiedlichem kulturellen und religiösen Hintergrund. Aber kontroverse Diskussionen gibt es nicht. Man betet zusammen – im Namen Jesu. (Entnommen aus: „Wir bezeugen einfach Jesus“, ideaSpektrum 6/2010).
Dies deutet darauf hin, dass nur der Herr selbst die Einheit schaffen kann und am Ende schaffen wird, wenn auch auf eine andere Art als die, in der sich die christlichen Konfessionen mehr oder weniger vergeblich bemühen. Kann es der Einheit dienen, wenn protestantische Gemeinschaften Frauen ordinieren, auch wenn die zweitausend Jahre alte Tradition dagegen spricht und Jesus selbst nur Männer als Apostel eingesetzt hat? Kann es richtig sein, dass Protestanten immer noch etwas von Rom fordern? Müssten sie nicht vielmehr überlegen, ob es noch eine reale Grundlage dafür gibt, Protestant zu sein? Auch die römische Kirche ist gefordert: auch sie muss sich fragen, ob sie mit ihrem Tun der Einheit noch im Wege steht. Dies hat der Vorgänger von Benedikt XVI., Johannes Paul II., in seiner Enzyklika „Ut unum sint“ (Das alle eins seien) bereits getan – er war um der Einheit willen auch bereit, über das Amt des Papstes einen (kritischen) Dialog zu führen. – Ein Ansatzpunkt dabei ist immer noch, die Notwendigkeit eines Petrusamtes (Leitungsamt) nicht außer acht zu lassen.
Vor dem Hintergrund der Bedrängnis und Verfolgung in vielen Ländern ist es – unabhängig vom Petrusamt – unerlässlich, dass alle Christen die „gleiche Sprache“ sprechen und als Glieder des einen Leibes Christi leben und handeln. Was in den Ländern der Verfolgung (zum Beispiel Indien) bereits so, zumindest im Ansatz, praktiziert wird (denn die Verfolger unterscheiden nicht nach Katholiken und Protestanten), das ist bei uns im Westen überfällig. Gerade auch im Hinblick auf den „Dialog“mit anderen Religionen, wie besonders dem Islam, ist es wichtig, mit einer Stimme zu sprechen. Oder, wenn wir bei uns die Verfolgungssituation der Christen weltweit betrachten, sollten wir das Schriftwort beherzigen: „Wenn ein Glied leidet, leiden alle mit (1. Korintherbrief 12,26)“: Wenn ein Protestant um seines Glaubens willen verfolgt wird, kann das einem Katholiken nicht gleichgültig sein – und umgekehrt.
Wir können immer wieder feststellen, dass der Heilige Geist seine „Hausaufgaben“ macht, obwohl das Handeln einzelner Christen, christlicher Gemeinschaften oder Kirchen nicht im Einklang mit seinem Wirken steht. Oft muss es leider erst eine Verfolgungssituation sein, die die unterschiedlichen Gruppierungen wachrüttelt.
Heinz Josef Ernst